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Trotz Erlös bei Frequenzauktion – NRW bleibt beim Breitbandausbau abgekoppelt

Bei der Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen im Juni 2015 konnte der Bund insgesamt 5,1 Milliarden Euro Einnahmen generieren. Hiervon fließen etwa 133 Millionen Euro nach Nordrhein-Westfalen. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin kündigte bereits im Vorfeld der Auktion an, dass er mit etwa 100 Millionen Euro Einnahmen bei der Versteigerung rechne und erklärte hierzu: „Die werden wir eins zu eins durchleiten für das Thema Breitbandausbau“.

Investitionen in den Breitbandausbau sind in Nordrhein-Westfalen längst überfällig, da vor allem im ländlichen Raum die Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist. In der Vergangenheit hat die rot-grüne Landesregierung den Breitbandausbau besonders hier, aber auch landesweit stiefmütterlich behandelt.So hatten nach Regierungsangaben im Jahr 2012 68 Prozent aller Haushalte in Nordrhein-Westfalen einen Internetanschluss mit mindestens 50 Mbit/s. Ende 2014 waren es 73,4 Prozent. Das entspricht gerade einmal einer Ausbaudynamik von 1,9 Prozent. Zum Vergleich Bayern: Anfang 2012 31,7 Prozent, Ende 2014 65,4 Prozent. Bayern hat damit eine jährliche Ausbaudynamik von 11,2 Prozent. Der Ausbau in Bayern ist damit sechsmal so schnell.

In Nordrhein-Westfalen kommt noch ein starkes Stadt-Land-Gefälle hinzu. Im ländlichen Raum sind 60% der Haushalte vom schnellen Netz abgeschnitten – im ländlichen Raum ist jedoch der industrielle Mittelstand, sind unsere Hidden Champions fest verankert. Für ein wirtschafts- und industrieorientiertes Land wie Nordrhein-Westfalen ein viel zu geringer Wert, der laut Berechnungen des ifo-Instituts negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum hat. Wie wichtig der Breitbandausbau für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes ist, hat das ifo-Institut in München errechnet: So steigt das jährliche Wirtschaftswachstum jeweils um bis zu 1,5 Prozentpunkte, wenn zusätzliche 10% der Haushalte eines Landes mit schnellem Internet versorgt werden. Wachstum, das Nordrhein-Westfalen dringend braucht.

Bereits im Jahr 2010 wurde im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung festgehalten, dass man sich „konsequent für den weiteren Ausbau des Breitbandnetzes“ einsetzen wolle. Die Realität sieht 5 Jahre später jedoch anders aus. Im Vergleich zu Ländern wie Bayern oder Baden-Württemberg steht die rot-grüne Landesregierung auf der Leitung.

Die jetzige Auktion als Anlass zu nehmen, Investitionen in den Breitbandausbau zu tätigen, ist ein Schritt, der mit großer Verspätung erfolgt, was sich auch aus der Aussage von Garrelt Duin, der vor allem in Gewerbegebiete investieren möchte, „dort sehen wir einen enormen Nachholbedarf“ (Zitat Kölner Stadt-Anzeiger, 20.06.2015) eindeutig erkennen lässt.

Nach Berechnungen der Strategieberatung Micus müssen in Nordrhein-Westfalen bis zu 8,6 Milliarden Euro in den Breitbandausbau investiert werden. Der Anschluss aller Gewerbegebiete allein, 90% der Gewerbegebiete sind ohne schnelles Netz ausgestattet, die Wirtschaftsminister Garrelt Duin gezielt fördern möchte, würde mindestens Kosten von 500 Millionen Euro verursachen. Die aus der Frequenzversteigerung erhaltenen rund 133 Millionen Euro, sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Alleine um die Region Südwestfalen mit schnellem Internet über ein flächendeckendes Glasfasernetz zu versorgen, sind nach einem Modell der Telekommunikationsgesellschaft Südwestfalen 910 Millionen Euro notwendig (Der Westen, 21.07.2015).

Problematisch ist vor allem auch, dass es bei der Summe aus der Frequenzaktion zu einer Aufteilung auf drei Jahre und drei Programmen bei drei verschiedenen Ministerien kommt. Ein flächendeckender Breitbandausbau bis zum Jahr 2018 erscheint unter den bisherigen Mitteln und Einsätzen der rot-grünen Landesregierung also fast ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Koalitionspartner SPD und Grüne sich über die Art der Finanzierung nicht komplett einig sind. Die Grünen wollen das Internet in den ländlichen Regionen mit mehr Landesgeld fördern und dazu das Gemeindefinanzierungsgesetz als große Verteilmaschine zwischen allen 396 NRW-Kommunen ändern. Wirtschaftsminister Garrelt Duin bezeichnet diese Idee hingegen als „völliger Quatsch“ (Zitat: Neue Rhein Zeitung, 27.06.2015).

Fazit:

Nordrhein-Westfalen hat enormen Nachholbedarf. Trotz Einnahmen von etwa 133 Millionen Euro aus der Frequenzversteigerung und 60 Millionen Euro aus dem NRW-Programm „Ländlicher Raum 2014-2020“ (GAK+ELER), zehn Millionen Euro für den Anschluss von Gewerbegebieten an ein Breitbandnetz aus dem Förderprogramm EFRE und drei Millionen für Beratungsleistungen über das Breitband-Consulting, mit dem die rot-grüne Landesregierung rechnet, bleiben hier weiterhin große finanzielle Lücken.

Ein flächendeckender Breitbandausbau ist dadurch nur schwierig umzusetzen.
Am 16.06.2015 hat die CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen einen weiteren Antrag eingereicht, in dem die rot-grüne Landesregierung dazu aufgefordert wird, den Breitbandausbau vor allem in den ländlichen Regionen voranzutreiben, um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit in diesen Regionen zu gewährleisten. Eine Investitionsbereitschaft und Planung wie sie die rot-grüne Landesregierung jedoch vorgibt, bleibt das Thema flächendeckender Breitbandausbau in Nordrhein-Westfalen und vor allem den ländlichen Regionen weiterhin eine Zukunftsillusion.

Quellen:
Fördergelder:
https://www.umwelt.nrw.de/pressebereich/pressemitteilung/news/2015-06-22-breitbandausbau-in-nrw-minister-duin-und-remmel-wollen-schnelles-internet-fuer-alle-unternehmen-und-haushalte-zuegig-umsetzen-mindestens-200-millionen-euro-foerdergelder/?tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=f9926f571868bd8d42b3612339639723 (23.06.2015)

Antrag der CDU-Fraktion: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-8982.pdf

Einnahmen Bund: http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1431/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/150619_Frequenzversteigerung.html;jsessionid=AFA61938B958574BF5B902E08BE0801A

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