Permalink

0

Rot-Grün hat sich auseinander gelebt

Es kommt immer wieder einmal vor, dass sich Paare nach langjähriger Beziehung auseinander gelebt haben. Jetzt hat es die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen erwischt. SPD und Grüne waren seit Beginn ihrer Regierungskoalition stets bemüht, ein harmonisches Bild von Gemeinschaft und Konsens nach außen zu vertreten. Lange wirkte Rot-Grün wie ein eingespieltes Ehepaar. Jetzt, fünf Jahre nach Koalitionsbeginn, ist von Harmonie nichts mehr zu spüren.

Dass es zwischen den Regierungspartnern scheinbar nicht mehr funkt, zeigt der Streit in der Braunkohlepolitik. Hier platzte Wirtschaftsminister Garrelt Duin der Kragen: kurz vor der Sommerpause nahm er in einem Wut-Brief an die gesamte SPD-Landtagsfraktion den Koalitionspartner aufs Korn. In diesem Schreiben verwahrt er sich gegen grüne Kritik an den Energiekonsens, den er Ende Juni mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und der Industriegewerkschaft IGBCE ausgehandelt hatte. Garrelt Duin schreibt: „Das Gejammer aus großen Teilen der Umweltecke ist ideologisch begründet und verleugnet die Realität. Und so manche Behauptung ist sogar gelogen.“ Des Weiteren sagt er, dass es den Kritikern überhaupt nicht um das Erreichen der Klimaziele gehe. „In Wahrheit hatten sie sich erhofft, der gesamten Braunkohle den Garaus zu machen“, so Garrelt Duin.

Garrelt Duin, der in der Vergangenheit aufgrund der von Hannelore Kraft geforderten Harmonie-Politik zwischen den Regierungspartnern häufig als „Rhetorikminister ohne Durchschlagskraft“ abgestempelt wurde, ist jedoch nicht der einzige, der beim Thema Braunkohle für einen Krach zwischen SPD und Grüne sorgt.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft demonstrierte in der Debatte am 29. April 2015 im Landtag zu den Braunkohleplänen des Bundeswirtschaftsministers noch die vermeintliche Geschlossenheit. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag sprachen SPD und Bündnis 90/Grüne noch von der Vereinbarkeit von Klimaschutz und dem Erhalt der Braunkohlekraftwerke. Allerdings war man sich wohl doch nicht so einig, wie man zu Protokoll gab. Denn während der Grünen-Fraktionsvorsitzende Mehrdad Mostofizadeh die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel unterstützte – „ (…) handelt der Bundeswirtschaftsminister richtig (…)“– , kritisierte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nur wenige Minuten später das Papier ihres Parteivorsitzenden: „Auch wir haben große Sorge, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einem tiefgreifenden Strukturbruch führen können. Wir haben darum von Anfang an auf Veränderungen gedrängt.“

Auch Verkehrsminister Michael Groschek und die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann haben scheinbar unterschiedliche Auffassungen, was die Zukunft der Braunkohle betrifft. Während sich Michael Groschek auf einer Demonstration klar als Anhänger zu erkennen gab, stand Sylvia Löhrmann auf einer Gegendemonstration in der ersten Reihe.

Es ist aber nicht nur die Braunkohle-Thematik, die der Ehe von SPD und Büdnis 90/Grüne enorm zusetzt. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin kommt auch beim Thema Breitbandausbau mit seinen grünen Partnern auf keinen grünen Zweig. Bereits im Juni, als es um den Erlös der Frequenzauktion ging, bei dem Nordrhein-Westfalen 133 Millionen Euro Einnahmen generieren konnten, gingen die Meinungen von Wirtschaftsminister Garrelt Duin und Umweltminister Johannes Remmel stark auseinander. Bei der Debatte um die Verteilung des Geldes, forderten die Grünen, mehr Landesmittel für schnelles Internet in ländlichen Regionen. Dazu soll auch das Gemeindefinanzierungsgesetz als große Verteilmaschine zwischen allen 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen geändert werden. Garrelt Duin bezeichnet diesen Vorschlag hingegen als „völligen Quatsch“.

Fazit
Fakt ist: Die Harmoniekoalition, die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft stets versuchte aufrecht zu erhalten, gibt es seit diesem Jahr nicht mehr. Konflikte und Kontroversen werden immer häufiger öffentlich ausgetragen, die Partner sind scheinbar von sich selbst genervt. Vor allem Wirtschaftsminister Garrelt Duin holt hierbei immer wieder zum Rundumschlag gegen die grünen Koalitionspartner aus.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gelingt es nicht mehr, den Schein der Harmonie zu wahren und ist den öffentlichen Konflikten ihrer Minister immer wieder aufs Neue machtlos ausgesetzt. Statt auf der Kommandobrücke den Kurs vorzugeben, wartet sie den Ausgang des Streits unter Deck ab. Zum Nachteil unseres Landes.

 

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.