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Kehrtwende und Uneinigkeit beim Kunstverkauf der WestLB – Eine Chronologie

Im Januar 2015 wurde eine Liste, auf der 400 Kunstwerke aus dem Besitz der ehemaligen Landesbank WestLB aufgeführt waren, bekannt, die veräußert werden sollte. Das nordrhein-westfälische Finanzministerium wollte die Liste eigentlich unter Verschluss halten, um eine Beeinträchtigung der Veräußerungsmöglichkeiten nicht zu beeinflussen. „Denn ginge es nach dem Wunsch von Finanzminister Norbert Walter-Borjans, wird die Sammlung verkauft, um mit dem Erlös einen Teil des Milliarden-Verlustes der WestLB/Portigon auszugleichen“ (Welt am Sonntag vom 4. Januar 2015).

Bereits im November 2014 hatte Westspiel zwei Bilder von Andy Warhol für umgerechnet ca. 120 Millionen Euro versteigern lassen. Die rot-grüne Landesregierung hat diesen Verkauf, trotz massiven Protests aus dem Kulturbereich, aktiv begleitet. Nach den Protesten gegen den Verkauf der Kunstsammlung zum Ende des Jahres 2014 hin, vollzog Rot-Grün eine Kehrtwendung und setzt sich nun für den Erhalt der Kunstsammlung ein.

Chronologie der Ereignisse:
Oktober 2014:
Der Spielcasinobetreiber Westspiel plant die Versteigerung von zwei Gemälden von Andy Warhol.

Aussagen der Landesregierung:
Hannelore Kraft:
Hannelore Kraft (SPD) sieht keine Möglichkeit, die Versteigerung von zwei Werken von Andy Warhol aus dem Besitz der Westdeutschen Spielbanken zu verhindern.
Ebenso sagt sie, dass sie sich in die Angelegenheiten der Portigon nicht einmischen werde. (Faz.net, 19.10.2014)

Norbert Walter-Borjans:
„Ein Kunstwerk hat einen Wert, wenn es zu veräußern ist“, sagte er. „Wenn ausgeschlossen wird, es zu veräußern, hat es auch keinen Preis.“ (RP Online, 30.10.2014)

November 2014:
Die Kunstbildersammlung der ehemaligen WestLB wird versteigert.
Kunsthistoriker greifen deshalb die Landesregierung an und fordern sie zur Unterbindung dessen auf.

Aussagen der Landesregierung:
Ute Schäfer:
Kulturministerin Ute Schäfer fordert eine offenen Debatte über den Umgang mit Kunst landeseigener Unternehmen. Hierzu schlägt sie einen Runden Tisch mit Experten aus Politik, Kulturexperten und Unternehmen vor. (Ruhr Nachrichten, 26.11.2014)

„eine offene, ehrliche Debatte, wie künftig mit Kunst in Unternehmensbesitz des Landes umgegangen werden soll“ Zitat aus dem vergangenen Jahr in Bezug auf die Einberufung eines Runden Tischs. (RP Online, 14.01.2015)

Dezember 2014:
Uneinigkeit innerhalb der rot-grünen Landesregierung
Aussagen der Landesregierung:
Norbert Walter-Borjans
Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte betont, er werde nicht zulassen, dass ein Runder Tisch über den möglichen Verkauf der Portigon-Sammlung spreche. Man könne einem Unternehmen, das sich letztendlich auflösen müsse, nicht verbieten, seine Aktiva in Form von Kunstwerken anzutasten. (Focus, Dezember 2014)

Januar 2015:
Die Portigon AG gibt bekannt, dass jegliche Kunst der ehemaligen WestLB verkauft wird. Alternativmöglichkeiten gibt es laut dieser nicht. (Handelsblatt, 08.01.2015)

Die Kunststiftung NRW protestiert ebenso wie Kunsthistoriker, Künstler und Museumsdirektoren gegen einen Verkauf der Kunst der ehemaligen WestLB. (Rheinische Post, 16.01.2015)

Die Portigon AG hat die Ansicht, dass die Kunst als Teil des Betriebsvermögens zur Abdeckung der Verbindlichkeiten der ehemaligen WestLB herangezogen werden müsse. (Bonner Generalanzeiger, 08.01.2015)

Aussagen der Landesregierung:
Hannelore Kraft:
„Ich finde, dass die zentrale Rolle am Runden Tisch bleiben muss“. (Kölner Stadt-Anzeiger, 15.01.2015)

Niemand wolle Werke veräußern, aber die EU-Kommission habe Vorgaben gemacht (FAZ, 19.01.2015)

Hannelore Kraft sieht die Möglichkeit, die Versteigerung von zwei Werken von Andy Warhol aus dem Besitz der Westdeutschen Spielbanken zu verhindern. Ebenso sagt sie, dass sie sich in die Angelegenheiten der Portigon nicht einmischen werde (FAZ, 22.01.2015)

Hannelore Kraft spricht ein „Machtwort“ zur Kunstsicherung in Nordrhein-Westfalen gegenüber ihres Finanzministers Norbert Walter-Borjans (WAZ, 28.01.2015)

Norbert Walter-Borjans:
Ginge es nach dem Finanzminister Walter-Borjans, wird die Sammlung verkauft, um mit dem Erlös einen Teil des Milliarden Verlustes der WestLB/Portigon auszugleichen (Welt am Sonntag, 04.01.2015)

Norbert Walter-Borjans (SPD) machte am Donnerstag deutlich, dass die Portigon AG über eine Veräußerung ihrer Kunstwerke allein zu entscheiden habe. Er werde jedenfalls „nicht zulassen“, dass ein Runder Tisch darüber spreche, sagte Walter-Borjans im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags. Man könne einem Unternehmen, das „auf Dauer vom Markt genommen wird und sich letztendlich auflösen muss“, nicht verbieten, seine Aktiva in Form von Kunstwerken anzutasten. (RP Online, 20. November 2014)

„alternativlos“ (Äußerungen zu den Absichten der Portigon (FAZ, 22.01.2015)

„Was mich befremdet ist die Selbstverständlichkeit, mit der man glaubt, Vermögensgegenstände aus einer Aktiengesellschaft entnehmen zu können, die auf Geheiß der EU abzuwickeln ist und dabei mit zur Verfügung stehenden Eigenkapital auskommen muss.“ (Kölner Stadt-Anzeiger, 20.01.2015)

„Die Landesregierung wird unter aktiver Beteiligung des Finanzministeriums alles in ihren Kräften Stehende tun, um Kunstwerke der Portigon AG für Nordrhein-Westfalen zu sichern.“ (Rheinische Post, 23.01.2015)

„Die einzige Möglichkeit, die Kunst im Land zu halten und nicht die Steuerzahler zu belasten, bestehe darin, Partner zu finden.“ (Aachener Zeitung, 22.01.2015)

Nun hat die rot-grüne Landesregierung ihren Willen bekundet, „eine für alle Seiten vertretbare Lösung zu finden.“ (WDR, 22.01.2015)

Nach einem „Machtwort“ von Ministerpräsidentin Kraft hatte Finanzminister Walter-Borjans eine Kehrtwende vollzogen und angekündigt, er wolle alles tun, „um Kunstwerke der Sammlung für NRW zu sichern“ (WAZ, 28.01.2015)

Ute Schäfer:
Ute Schäfer kritisiert den geplanten Verkauf und ruft einen Runden Tisch für den 5. Februar ein.

Ihrer Meinung nach darf es nicht nur um das Geld gehen. (Bild Zeitung, 09.01.2015)

„Eine rein ökonomische Marschrichtung wird sich der Runde Tisch sicher nicht diktieren lassen. Ich bin mir sicher, am Ende gibt es eine politische Lösung, die auch den Kulturinteressen Rechnung trägt.“ (DerWesten, 14.01.2015)

Ute Schäfer und Monika Grütters, Kulturstaatssekretärin des Bundes, leiteten ein Verfahren ein, in dem geprüft wird, ob unter den 400 Werken wertvolle nationale Kulturgüter sind. (Rheinische Post, 23.01.2015)

Ute Schäfer verhängt mit der Unterstützung von Monika Grütters eine „Ausfuhrsperre“ für die Kunstwerke in NRW. (Deutschlandradio Kultur, 23.01.2015)

Fazit

Hannelore Kraft hat sich in Bezug auf die Debatte um den Kunstverkauf der ehemaligen WestLB weitestgehend zurückgehalten und die Handlungskompetenz an den Finanzminister Norbert Walter-Borjans abgegeben. Dieser hat innerhalb der Debatte um den Kunstverkauf der ehemaligen WestLB eine völlige Kehrtwendung vollzogen. Während er im vergangenen Jahr und bis zu Beginn des Jahres 2015 eine Erhaltung der Kunstsammlung als „alternativlos“ ansah und die Entscheidungskompetenz lediglich der Portigon AG zusprach, erklärte er ab Mitte Januar seine Bereitschaft, alles für einen Erhalt der Kunst in NRW tun zu wollen. Die Kulturministerin Ute Schäfer maßregelte er darüber hinaus aufgrund ihrer Absicht, eine Entscheidung am „Runden Tisch“ treffen zu wollen.

Es lässt sich somit erkennen, dass innerhalb der Landesregierung Uneinigkeit hierzu herrscht. Die Aussagen von Walter-Borjans sind in Bezug auf die gesamte Thematik widersprüchlich.

Ute Schäfer spricht sich von Beginn an gegen einen Verkauf der Kunstsammlung aus und betont, dass es hierbei nicht nur um das Geld gehen darf.
Trotz ihrer Funktion als Fachministerin ist ihre Stellung gegenüber der von Walter-Borjans sehr schwach und von geringer Bedeutung.

Deutlich lässt sich erkennen, dass es innerhalb des Landeskabinetts unterschiedliche Auffassungen zum Verkauf der Kunstwerke der ehemaligen WestLB gibt. Einigkeit sieht anders aus. Um die Unstimmigkeiten innerhalb der Landesregierung zu klären und den Protesten aus dem Kulturbereich gerecht zu werden, ruf die Landesregierung für Anfang Februar einen Runden Tisch. Damit verlagert sie erneut die Entscheidungskompetenz. Das zeigt erneut, dass bei komplexeren Themeninhalten die Landesregierung Expertenrat von außen heranziehen muss, um einen Problemlösungsprozess einleiten zu können. Bereits beim Thema G8/G9 oder auch bei den Problemen in der Flüchtlingspolitik übertrug die rot-grüne Landesregierung die Entscheidungskompetenz jeweils auf einen Runden Tisch. Auffällig dabei ist, dass ein Runder Tisch immer dann einberufen wird, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Selbst ist sie mit den Aufgaben, die von einer Landesregierung erfüllt werden müssen, überfordert und findet keine klare Meinung.

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